Schafgarbe

"Solange ich denken kann, habe ich in der Nähe der Theiß gelebt. Bis heute mache ich, wenn ich in meine Heimat, die Vojvodina, zurückkehre, "an den Ufern der sich windenden..." halt. Oft sitze ich da und studiere das Wasser, beobachte die Strömungen, die Wellen, die Strudel und die Wellen. Ich beobachte die Fische, die auf- und abtauchen, oder die Wolken des Wanderers, die düster galoppieren. Wir führen einen Dialog, der Fluss und ich. Wenn es etwas gibt, das ich in der Welt um mich herum vermisse, dann ist es das: das ruhige, alles durchdringende Fließen der Theiß-Schäume. Den Frieden und die Ruhe, die mich nur am Ufer sitzend überkommen können. Diese zeitlosen Momente können einen über Jahre hinweg erfüllen. Ich sitze da und beobachte schweigend die Wellen, lasse mich von der Strömung fesseln. Das Licht, das auf dem Rücken der Wellen glitzert, trägt mich weit in meine Gedanken, meine Erinnerungen, meine Fantasie. Wir erzählen uns gegenseitig Geschichten, wir hören einander zu. In dieser tiefen Stille spüre ich den ewigen Strom der Existenz. Die Anziehungskraft der sich ständig verändernden Materie zieht einen in ihren Bann. Die Strudel ziehen mich in die Urtiefen meines eigenen Seins. Das ewige Plätschern durchdringt die Eingeweide. Der Fluss und sein Betrachter stellen sich allmählich auf dieselbe Wellenlänge ein, auf der sie gemeinsam dahinplätschern. /Cserepes Gyula/

Gyula Cserepes ist ein zeitgenössischer Tanzchoreograf und Performer aus Óbecs in der Vojvodina. Die Theiß ist ein wichtiger Teil seines Lebens. Die intime Beziehung zum Fluss, die daraus resultierende Erfahrung von Fluss und Rhythmus, ist ein bestimmendes Element von Gyulas Kunst. Fünf Tage lang werden vier Studenten des modernen Tanzes der Ungarischen Tanzakademie und drei Tänzer des Central Europe Dance Theatre den Rhythmus der Zeitlosigkeit des vergehenden Augenblicks erkunden. In dieser Etüde mit dem Titel Tiszavirág werden sie Bilder und Szenen mit dem Publikum teilen, die von ihren gemeinsamen Erfahrungen und Lehren aus dem choreografischen Workshop inspiriert sind.

Porträt von Dániel Dömölky